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Stress auf der Arbeit

Eigenkündigung oder Dienst nach Vorschrift?

Statistisch gesehen verbringen Menschen im Laufe ihres Lebens mehr Zeit am Arbeitsplatz als mit ihren eigenen Familienangehörigen. Umso wichtiger ist es, dass die Harmonie am Arbeitsplatz stimmt. Die eigenen Arbeitskollegen können sich nur die Wenigsten aussuchen, den Arbeitgeber jedoch schon.

Es gilt:

Augen auf bei der Wahl des Arbeitgebers!

 

Selbst scheinbar „gute Arbeitgeber“ können sich mit der Zeit anders entwickeln, als vielleicht vom Arbeitnehmer erhofft. Kaum ein privates Unternehmen ist vor Krisen sicher. Mit der Krise fangen auf Seiten der Arbeitnehmer die Probleme erst richtig an. In Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs und voller Auftragsbücher spielen Personalkosten keine Rolle.

Geht es dem Arbeitgeber gerade schlecht, sind die Lohnkosten „plötzlich“ zu hoch. Die meisten Unternehmen greifen im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen zum Rotstift und versuchen ihre Betriebsausgaben einzudämmen. Der direkte Weg Personalaufwendungen zu verringern, besteht darin, befristete Arbeitsverträge auslaufen zu lassen oder bestehende Arbeitsverträge von entbehrlichen Arbeitnehmern aufzukündigen.

I. „Wegekeln“ von Arbeitnehmern

Das Aussprechen von Kündigungen ist für Arbeitgeber im Allgemeinen risikobehaftet.

Sofern das Kündigungsschutzgesetz im Einzelfall greift, muss der Arbeitgeber, um vor Gericht Erfolg zu haben, einen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigungsgrund darlegen und beweisen.

Um dieser Beweissituation zu entgehen, greifen manche Arbeitgeber zu gewissen Tricks. Entbehrliche Arbeitnehmer werden in unliebsame Positionen versetzt, in der Hoffnung, dass diese von selbst das Unternehmen verlassen. Andere wiederum lassen unliebsame Mitarbeiter „ausbluten“, indem sie optionale jährliche Boni bewusst gering halten. Die Bandbreite potenzieller Maßnahmen, die ein Arbeitgeber treffen kann, ist groß, das Ziel bleibt jedoch gleich. Der „feinen englischen Art“ entspricht diese Vorgehensweise selbstverständlich nicht und ist moralisch als auch ethisch hochgradig bedenklich.

II. Verhaltensalternativen von Arbeitnehmern

1. Eigenkündigung

Glücklich ist der, der eine Alternativbeschäftigung in Aussicht hat. In solch einer Situation bietet es sich für einen Arbeitnehmer an, selbst zu kündigen. Sofern die Anschlussbeschäftigung nahtlos angetreten werden kann, muss der betroffene Arbeitnehmer sich weder arbeitssuchend noch arbeitslos melden. Der Weg zur Bundesagentur für Arbeit bleibt also erspart. Darüber hinaus bleibt auch der potenzielle Ärger mit dem Arbeitgeber erspart, was wiederum den betroffenen Arbeitnehmern psychisch in der Regel weniger belastet.

Anders ist es, wenn keine nahtlose Anschlussbeschäftigung gewährleistet werden kann. Bei einer Eigenkündigung wird die Bundesagentur für Arbeit in der Regel eine Sperrzeit verhängen, sodass der Anspruch auf Arbeitslosengeld, sollte dieser überhaupt dem Grunde nach bestehen, für 12 Wochen ruht (vgl. § 159 Sozialgesetzbuch– Drittes Buch–SGB III). Ausnahmsweise sieht die Bundesagentur für Arbeit von der Verhängung einer Sperrzeit u.a. dann ab, wenn der betroffene Arbeitnehmer aus wichtigem Grund selbst gekündigt hat. Den wichtigen Grund hat jedoch der betroffene Arbeitnehmer im Zweifel darzulegen und zu beweisen.

Eine Eigenkündigung hat ebenfalls den Nachteil, dass sich der betroffene Arbeitnehmer die Chance auf eine mögliche Abfindungszahlung selbst nimmt, denn nur bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung kann überhaupt Kündigungsschutzklage erhoben werden, mit der Möglichkeit sich gerichtlich zu vergleichen.

2. „Dienst nach Vorschrift“

Nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern auch in der freien Wirtschaft, ist der Begriff „Dienst nach Vorschrift“ ein Thema. Im englischsprachigen Raum ist der Begriff „Quiet Quittung“ (übersetzt: „leise Kündigung“) geläufig.

Beide Begriffe beschreiben letztlich dasselbe Phänomen.

Arbeitnehmer, die „gedanklich“ schon mit ihrem Arbeitgeber abgeschlossen haben, neigen nämlich dazu, ihre tägliche Arbeitsleistung auf ein Minimum zu reduzieren. Dies geschieht in der Hoffnung, dass der Arbeitgeber von selbst das Arbeitsverhältnis auflöst und eine Kündigung ausspricht, um es wiederum gerichtlich angreifen zu können. Das bewusste Herabsetzen der eigenen Leistungsfähigkeit stellt einen Verstoß gegen die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers dar und kann unter Umständen dazu führen, dass der Arbeitgeber erfolgreich eine verhaltensbedingte Kündigung durchsetzen kann.

 

3. „Krankfeiern“

Unter dem Begriff des „Krankfeierns“ versteht man der Umstand, dass ein Arbeitnehmer vorgibt, erkrankt zu sein, um der eigenen Arbeitspflicht nicht nachkommen zu müssen. Der Arbeitgeber ist in den ersten 6 Wochen der unverschuldeten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers verpflichtet, den Lohn an diesen in voller Höhe weiterzuzahlen gem. § 3 Abs.1 S.1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG).

Dauert dieselbe Krankheit länger als 6 Wochen an, ruht der Lohnanspruch des Arbeitnehmers und die Krankenkasse zahlt das Krankengeld aus, welches 70 Prozent des letzten Arbeitsentgeltes des Arbeitnehmers entspricht § 47 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch– (SGB V).

4. Gespräch mit dem Arbeitgeber

Eine weitere Möglichkeit, eine bestehende Disharmonie am Arbeitsplatz zu beseitigen, ist der Dialog. Als mögliche Ansprechpartner kommen der Arbeitgeber selbst, der unmittelbare Vorgesetzte oder sogar Mitglieder des Betriebsrates in Betracht.

Ein bekanntes Sprichwort besagt:

Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass der Dialog zwar die einfachste Art und Weise ist, bestehende Differenzen mit dem Arbeitgeber zu beseitigen, jedoch auch gewisse Risiken mit sich bringt.

Viele Arbeitnehmer haben Angst davor, Repressalien ausgesetzt zu sein, wenn Sie in den Dialog mit dem Arbeitgeber treten. Vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen werden von Unternehmerpersönlichkeiten geführt. Nicht jeder gute Unternehmer ist aber auch gleichzeitig ein guter Ansprechpartner bei etwaigen Problemen von Arbeitnehmern. Gleiches gilt für den unmittelbaren Vorgesetzten oder Mitgliedern des Betriebsrates.

Im Einzelfall ist zu prüfen, ob der Dialog überhaupt Sinn macht. Einmal in den Dialog getreten, kann dies nicht mehr rückgängig gemacht werden, mit all seinen Konsequenzen. Es besteht stets die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber überreagiert und dem betroffenen Arbeitnehmer das Leben fortan schwer macht.

– Der Ausweg –

Die eine richtige Vorgehensweise bei Disharmonie am Arbeitsplatz existiert nicht. Im Einzelfall ist zu prüfen, welches taktische Vorgehen am ehesten Sinn macht. Hierbei unterstützen wir Sie, unabhängig davon, ob Sie Arbeitnehmer oder Arbeitgeber sind, gerne im Rahmen unserer anwaltlichen Dienstleistungen.

 

Tolga Topuz
Rechtsanwalt

Oktober 2023 – Düsseldorf –

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