Der Titel unseres Beitrages nimmt das „Ergebnis“ bereits vorweg. Unser Mandant, dem eine Geldstrafe in Höhe von EUR 3.600,00 auferlegt worden war, wurde mit unserer Hilfe freigesprochen.
Für uns stellt sich die Frage, wies es überhaupt so weit kommen konnte.
Das Amtsgericht Düsseldorf erließ auf Antrag der Staatsanwaltschaft Düsseldorf am 13. November 2023 einen Strafbefehl, wonach dem Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von EUR 3.600,00 auferlegt worden ist.
Hintergrund ist der, dass die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten vorwarf, anlässlich eines Einbürgerungsantrages aus dem Jahr 2022 falsche Angaben gemacht zu haben.
Der Tatvorwurf lautete „Erschleichen der Einbürgerung“ nach § 42 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG).
In § 42 StAG heißt es:
„Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unrichtige oder unvollständige Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen der Einbürgerung macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Einbürgerung zu erschleichen.“
Gegen diesen Strafbefehl legte der Beschuldigte – zunächst eigenständig – form- und fristgerecht Einspruch ein.
Im weiteren Verlauf nahm der Beschuldigte Kontakt zu unserer Düsseldorfer Kanzlei auf und mandatierte uns zu dessen Verteidigung.
Nach Einsicht in die Ermittlungsakten stellte sich Folgendes heraus:
Der streitgegenständliche Einbürgerungsantrages enthält auf der letzten Seite des Antrages eine Belehrung über die Strafbarkeit nach § 42 StAG.
Unterhalb dieser Belehrung ist ein Textfeld, wonach der Einbürgerungsbewerber die Richtigkeit der gemachten Angaben unter gleichzeitiger Angabe des Ortes und des Datums mittels Namensunterschrift zu versichern hat.
Des Weiteren ist im Unterschriftenfeld – gestalterisch hervorgehoben – folgender Hinweis aufgeführt:
„(bitte erst bei Antragsabgabe unterschreiben)“
Wie aus dem Lichtbild zu erkennen ist, blieb dieses Textfeld im Falle unseres Mandanten vollständig leer.
In rechtlicher Hinsicht hat die fehlende Unterschrift in vielerlei Hinsicht erhebliche Relevanz.
In Bezug auf den objektiven Tatbestand des § 42 StAG ist zweifelhaft, ob überhaupt von einem „Angaben machen oder benutzen“ gesprochen werden kann, wenn der Einbürgerungsbewerber das streitgegenständliche Antragsdokument nicht unterschreibt.
Liest ein juristischer Laie den o. g. Hinweis auf dem Unterschriftenfeld durch, so muss dieser verständiger Weise davon ausgehen, dass von einer Antragstellung frühestens dann ausgegangen werden kann, wenn der Einbürgerungsantrag unterschrieben worden ist.
Dies folgt aus einem Umkehrschluss des Hinweises, wonach der Antrag erst bei „Abgabe“ zu unterzeichnen ist. Wird der Antrag nicht unterschrieben, so gilt dieser – aus Sicht eines verständigen Einbürgerungsbewerbers – als nicht abgegeben.
Unterstellt, ein Einbürgerungsbewerber macht unrichtige Angaben in einem Einbürgerungsantrag, ohne die Richtigkeit der gemachten Angaben durch die eigene Unterschrift zu versichern, so kann in rechtlicher Hinsicht von keiner Erschleichungsabsicht gesprochen.
Einem Einbürgerungsbewerber, welcher im Außerverhältnis gerade nicht die Richtigkeit seiner Angaben erklärt, kann nicht unterstellt werden, dass dieser sich die Einbürgerung habe „erschleichen“ wollen.
Unabhängig vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 42 StAG, muss die Strafbarkeit eines potenziellen Einbürgerungsbewerbers an der persönlichen Vorwerfbarkeit (Schuld) scheitern.
Nach § 17 StGB (Verbotsirrtum) handelt ein Täter ohne Schuld, wenn diesem bei Begehung der Tat die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun.
Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass ein Täter nicht bestraft werden kann, wenn diesem das Unrechtsbewusstsein fehlt.
Einem durchschnittlichen Einbürgerungsbewerber wird man wohl kaum unterstellen können, dass diesem die Strafnorm des § 42 StAG positiv bekannt gewesen ist. Bei § 42 StAG handelt es sich um nämlich eine Spezialmaterie, die sogar vielen Juristen unbekannt ist.
Durch die eigene Unterschrift versichert ein Einbürgerungsbewerber, dass er die Belehrung über die Strafbarkeit zur Kenntnis genommen hat.
Fehlt eine solche Unterschrift, so kann einem Einbürgerungsbewerber nicht vorgeworfen werden, dass diesem die Strafnorm des § 42 StAG nachweislich bekannt gewesen sein muss.
Eine fährlässige Begehung des § 42 StAG kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Strafnorm des § 42 StAG ist eine reine Vorsatztat. Der Gesetzgeber stellt das fahrlässige Machen oder Benutzen von unrichtigen Angaben ausdrücklich nicht unter Strafe.
Des Weiteren ist auch keine keinen Versuchsstrafbarkeit gegeben. Bei einem Vergehen kommt dies nur dann in Betracht, wenn das Gesetz die Strafbarkeit des Versuchs ausdrücklich anordnet (§ 23 Abs.1 HS.2 StGB).
Das StAG trifft jedoch an keiner Stelle eine solche Anordnung.
Im vorliegenden Fall wurde unsere Mandantschaft in der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2024 freigesprochen, nachdem wir die Staatsanwaltschaft sowie den zuständigen Richter auf diesen Umstand hingewiesen.
Der zuständige Sachbearbeiter bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sowie der Richter, welcher den Strafbefehl erlassen hat, waren derart „betriebsblind“, dass sie diesen Umstand nicht bemerkt haben.
Wir können nur jedem Beschuldigten bzw. Angeklagten raten, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen, auch wenn der Sachstand aus Sicht des Betroffenen aussichtslos erscheint.
Dieser Fall zeigt exemplarisch auf, dass eine juristische „Spitzfindigkeit“ den gesamten Verlauf eines Strafverfahrens ändern kann. Ein scheinbar „verlorenes“ Strafverfahren kann mit einem Freispruch enden.
Ob eine „Chance“ besteht oder nicht, kann ein Strafverteidiger in der Regel erst dann beurteilen, wenn dieser Einsicht in die Ermittlungsakten genommen hat.
Unsere Düsseldorfer Kanzlei Topuz Law bietet erstklassige Rechtsberatung im Bereich des Strafrechts an. Unsere bisherigen Erfolge im Bereich der Strafverteidigung bestätigen uns immer wieder in unserem Judiz.
Unabhängig vom Stadium des Strafverfahrens prüfen wir im Einzelfall die Erfolgsaussichten einer anwaltlichen Vertretung und begleiten Sie – notfalls – durch alle Instanzen.
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Tolga Topuz
Rechtsanwalt
Topuz Law – Kanzlei aus Düsseldorf –
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